Wie viel sind Dateien wert?

| Verfasser: Gerhard M. von Sachsen Gessaphe

Portrait RA IT-Recht Thomas Feil
Thomas Feil
Fachanwalt für IT-Recht
Lehrbeauftragter an der FH Hannover

Eine aktuelle Entscheidung des BGH führt vor Augen, wie unterschiedlich der Wert von Dateien eingeschätzt wird. Hintergrund ist ein seit 1997 andauernder Rechtsstreit, in dem der Inhaber eines Ingenieurbüros Schadensersatz für den Verlust von Daten verlangt. Grund für den Datenverlust soll die Installation eines Computerspiels auf einem Firmencomputer durch den damals zwölfjährigen Sohn eines Angestellten gewesen sein. Während der Kläger Schadensersatz von über 622.000 Euro verlangt, sprach ihm das Landgericht rund 500.000 Euro zu. Das Oberlandesgericht setzte dagegen den Schadensersatz für den Datenverlust auf 0 Euro fest. Der Bundesgerichtshof hat sich nicht abschließend festgelegt, sondern den Fall zurück an das Oberlandesgericht verwiesen, das sich nun weiter mit der Frage nach der Höhe des Schadensersatzes befassen muss.

Dateien haben keinen Materialwert

Warum fällt es eigentlich so schwer, den Wert von Computerdateien in Geld auszudrücken? Im Unterschied zu körperlichen Gegenständen haben Dateien von sich aus keinerlei Materialwert. Sie sind meist entweder magnetisch auf einer Festplatte oder optisch auf CD oder DVD gespeichert. Man kann sie nicht anfassen und ohne die Hilfe eines Computers auch nicht sehen. Schwieriger noch, Daten sind oft Unikate und nicht wieder zu beschaffen. Man denke nur an Urlaubs- oder Hochzeitsfotos. Gleiches kann aber auch für technische Zeichnungen, Gutachten oder Manuskripte gelten, soweit diese in identischer Form auch mit viel Zeitaufwand nicht mehr herzustellen sind.
Wiederherstellungsanspruch bei Datenverlust

Das deutsche Schadensersatzrecht unterscheidet zwischen der Wiederherstellung und der Schadenskompensation. Im Grundsatz geht das deutsche Schadensersatzrecht davon aus, dass der Schädiger einen Schaden im Wege der Wiederherstellung, der sogenannten Naturalrestitution, zu ersetzen hat. Dazu muss er entweder die Schäden selbst beseitigen oder aber den zur Wiederherstellung notwendigen Geldbetrag entrichten (§ 249 BGB). Das wäre beispielsweise der Betrag, der gegenüber einem Datenrettungsunternehmen gezahlt werden müsste, um die verlorenen Dateien wieder lesbar zu machen.
Wenn die Wiederherstellung von Daten unmöglich ist

Sofern die Dateien jedoch unwiderruflich verloren sind, führt die Naturalrestitution in eine Sackgasse. Denn wenn es niemandem möglich ist, die Daten in identischer Form von der Festplatte wiederherzustellen, ist auch kein dazu erforderlicher Geldbetrag geschuldet. Das bedeutet aber nicht, dass der Schädiger automatisch von seiner Ersatzpflicht frei wird. Vielmehr schuldet er dann Schadenskompensation in Geld wegen der Unmöglichkeit der Wiederherstellung, § 251 Abs. 1 BGB. Der Umfang einer solchen Schadenskompensation errechnet sich nach der sogenannten Differenzhypothese. Dazu wird der Unterschied zwischen der Vermögenslage des Geschädigten nach Eintritt des schädigenden Ereignisses und der hypothetischen Vermögenslage ohne das schädigende Ereignis ermittelt. Danach entspricht der ersatzfähige Schaden den Arbeitskosten, die aufgewendet werden müssen, um die verloren gegangenen und nicht eins-zu-eins wiederherstellbaren Daten aus dem Kopf zu rekonstruieren, sowie den durch gestörte Betriebsabläufe verursachten personellen und zeitlichen Mehraufwendungen. Ferner ist auch der entgangene Gewinn ein ersatzfähiger Schaden.

Verlust privater Dateien

Die Art der Schadenskompensation zeigt, dass lediglich Folgeschäden und Gewinnausfälle ersatzfähig sind, was zu der ernüchternden Erkenntnis führt, dass den verlorenen Daten selbst wohl kein monetärer Wert zukommt. Diese Feststellung ist keine juristisch-begriffliche Kleinigkeit, sondern hat durchaus praktische Relevanz, wenn es um private Daten geht, wie beispielsweise die schon erwähnten digitalen Hochzeitsfotos. Sind diese unwiederbringlich im Daten-Nirvana verloren, mag dies für die Betroffenen sehr ärgerlich sein, es wird dadurch aber dennoch nicht zu einem materiellen Schaden, mit der Folge, dass Private bei einem Datenverlust meist leer ausgehen.

Pflicht zur Datensicherung

Doch selbst wenn feststeht, dass durch die Vernichtung von Dateien nachweislich hohe Schäden eingetreten sind, bedeutet dies nicht, dass der Betroffene sie ersetzt bekommt. Denn wer es versäumt, regelmäßige Datensicherungen anzufertigen, trägt zumindest eine Mitschuld. Insbesondere unternehmenswichtige Daten sollten in Zweit- oder Drittkopie vorliegen. Wird dies versäumt, kann der Geschädigte im Einzelfall den Schaden sogar gänzlich allein tragen müssen.

Kontakt zum Autor:
Thomas Feil, Rechtsanwalt, Fachanwalt für IT-Recht, Lehrbeauftragter FH Hannover
Tel.: 0511473906-01
www.recht-freundlich.de

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